Plus-Energie-Häuser

Hätten Sie noch vor zehn Jahren in einem allgemeinen Lexikon den Begriff Plus-Energie-Haus nachgeschlagen, Sie wären nicht fündig geworden. Obwohl die Forschung das Konzept schon seit Jahrzehnten vorantreibt und erfolgreich in die Praxis umsetzt, dringt es erst in den letzten drei bis vier Jahren in das kollektive Bewusstsein von Bauherren:

Ein Haus, das dank modernster Bau- und Haustechnik mehr Energie erzeugt als es verbraucht. Erst die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung, in Form von zinsgünstigen Krediten von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Einspeisevergütung, sowie dem Preisverfall von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) machen das Plus-Energie-Haus heute auch für „normale“ Bauherren attraktiv.

In den letzten zehn Jahren konzentrierte sich die Forschung insbesondere auf eine nahezu perfekt gedämmte Gebäudehülle, um den Energiebedarf zu minimieren und Verbesserungen an Solarthermie und PV-Anlagen, um die Energiegewinnung zu optimieren. Experten, wie der Leiter des Instituts für Gebäude- und Solartechnik (IGS) von der TU Braunschweig, Professor Doktor Fisch, weisen auf den rasanten Preisverfall von PV-Anlagen hin. Das wird es künftig lukrativer machen, mithilfe dieser Anlagen Strom zu erzeugen.

Wohin mit der erzeugten Energie?
Läuft die Solaranlage mittags auf Hochtouren, kann man die gewonnene Energie meist nicht vollständig selbst verbrauchen. Abends hingegen, wenn Licht und Fernseher eingeschaltet sind, liefert das eigene Dach nicht mehr.

Noch besteht die Option, den Überschuss ins öffentliche Netz zu speisen und sich vergüten zu lassen. Doch die Einspeisevergütung sinkt und aktuelle Studien weisen darauf hin, dass unser Stromnetz nicht für steigende Stromeinspeisungen aus regenerativen Energien ausgelegt ist. Die Kapazitäten sind  momentan also begrenzt. Deswegen rücken Speichermöglichkeiten für die selbst erzeugte Energie in den Fokus.

Derzeit wird mit Hochdruck nach neuen Speicherformen geforscht. Das schon bekannte Modell der wiederaufladbaren Batterie für das Haus ist derzeit noch sehr teuer, wodurch der selbsterzeugte Ökostrom ökonomisch kaum mehr darstellbar wird. Hier hofft man, entsprechend einer steigenden Nachfrage, auf fallende Preise.

Professor Doktor Fisch überprüft die Rentabilität verschiedener Speicherformen in einem Einfamilienhaus in Leonberg, seinem sogenannten „Stromhaus“.  Als Energiespeicher werden die thermisch wirksamen Massen im Haus, ein Pufferspeicher und zwei elektrische Batterien eingesetzt. Ihr Nutzen und ihre Effektivität werden wissenschaftlich ausgewertet. Die Ergebnisse sollen zur (Weiter-) Entwicklung von praktikablen und bezahlbaren Lösungen für die Zukunft führen.

Die Suche nach Speicheroptionen
Doch schon heute gibt es weitere Möglichkeiten: z.B. „Power to Gas“. Darunter versteht man die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff oder synthetisches Erdgas, das auf diese Weise im Erdgasnetz gespeichert werden kann. Dies wäre eine Möglichkeit, um große Mengen Strom aus erneuerbaren Energien langfristig zu speichern.

Eine weitere Option ist die Energie in Form von Wärme in zumeist große, gut gedämmte unterirdische Speicher oder Erdsonden einzuspeisen. Die Wärme kann dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgerufen werden. Allerdings eignen sich solche Konzepte bislang nur für Großprojekte, wie etwa Siedlungen.

Welche der Möglichkeiten sich durchsetzt, bleibt abzuwarten. Vielleicht finden wir in einigen Jahren das Wort „Stromhaus“ in unseren Lexika wieder und der Begriff „Plus-Energie-Haus“ ist dann schon wieder von der Zeit überholt.

Warenkorb
Nach oben scrollen