Wohlfühlen im Passivhaus

Wenn Architekten für sich selbst ein Wohnhaus bauen, dann kann man Außergewöhnliches erwarten. Im Idealfall verbinden sich hoher gestalterischer Anspruch und technisches Know-how zu einer überzeugenden Symbiose. Ein beispielhaftes Projekt dafür ist das Wohnhaus des Bühler Architekten Thomas Bechtold.

In einer badischen Gemeinde am Rande des Rheintales und Fuße des Schwarzwaldes fand er dafür das geeignete Grundstück. Wenn auch aufgrund seiner leichten Hanglage und seines schmalen und sehr langen Zuschnittes eine planerische Herausforderung, bot es doch ganz wesentliche Vorteile: Es erlaubte zum einen den Bau eines Flachdachgebäudes und zum anderen eine Ausrichtung desselben in einer konsequenten Süd-West-Ausrichtung. Dies war dem Planer besonders wichtig, denn er hatte nicht nur die Absicht ein modernes und ästhetisch hochwertiges Bauwerk zu schaffen, sondern dieses auch als Passivhaus auszuführen.

Ein solches verfügt nicht nur über eine extrem gut gedämmte und dichte Bauweise, um den Heizwärmebedarf zu reduzieren – der Jahreswert muss unter 15 kWh/m2 liegen  –  sondern ist darauf ausgelegt ohne herkömmliche Heizung auszukommen. Allein solare Gewinne sowie die Abwärme von Personen und Hausgeräten sollen für eine behagliche Temperierung der Wohnräume in der kalten Jahreszeit ausreichen. Im Sommer hingegen müssen die Innenräume gegen zu hohe Temperaturen aufgrund von Sonneneinstrahlung geschützt werden – denn eine Klimaanlage ist im Passivhaus selbstredend auch tabu!

Foto: Michael Frank Fotodesign

Foto: Michael Frank Fotodesign

Öffnung nach Süden mit Glasfassade

Thomas Bechtolds modernes Passivhaus präsentiert sich heute als ein sorgfältig proportionierter zweigeschossiger Baukörper, der in das Hanggrundstück förmlich eingelassen scheint. Einschnitte und Rücksprünge, welche dem kompakten Baukörper Tiefe und Charakter verleihen, fassen den Eingang sowie überdachte Freibereiche. Während die Nord- sowie die Eingangsfassade des Gebäudes sich fast komplett geschlossen präsentieren, öffnet sich das Gebäude gen Süden und Westen mit einer großen Glasfassade komplett zur Sonne. Das mit viel Liebe zum Detail gestaltete Haus wurde für seine hohe architektonische Qualität mit dem Preis „Beispielhaftes Bauen“ der Architektenkammer Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Der Anspruch, den Thomas Bechtold an die Wertigkeit der Architektur gestellt hat, zeigt sich auch in der Aufteilung und Einrichtung des Gebäudeinneren: Wer über  den zweigeschossigen, portalartigen Eingang das Haus betritt, findet sich im unteren Geschoss wieder, das den Schlafraum, zwei Kinderzimmer, Bäder und ein Büro beherbergt. Belichtet werden sie über einen nach außen geschlossenen, uneinsehbaren Gartenhof. Die boden- und deckenbündig eingelassenen horizontalen Rahmenprofile der Pfosten-Riegel-Konstruktion spiegeln den puristischen Gestaltungsansatz auch im Detail wider.

Foto: Michael Frank Fotodesign
Foto: Michael Frank Fotodesign

Die raumhohe, rahmenlose Glasfassade  bietet einen ungehinderten Ausblick. Der weite Dachüberstand sowie außen liegende Jalousien sorgen für den nötigen sommerlichen Wärmeschutz. Foto: Michael Frank Fotodesign

Küchenmöbel als Absturzsicherung

Eine Holztreppe aus Kragstufen führt vom Eingang in das Obergeschoss. Hier befindet sich der offene Wohn-, Koch- und Essbereich. Raumhöhe sowie die großflächigen Verglasungen verleihen dem Raum Offenheit und Weite. Eine Weite, die den Koch- und Essbereich erst richtig zur Geltung kommen lässt. Die Küche, die den offenen Wohnbereich maßgeblich prägt, wurde unter Berücksichtigung von Funktionalität und Stauraum umgesetzt. Deren Hochschrankwand bietet nicht nur die nötige Staufläche, sondern integriert einen Durchgang in das dahintergelegene Gäste-WC und den Hauswirtschaftsraum. Als Sideboard eingesetzt bieten weitere Möbel die Absturzsicherung zu Treppe hin und schaffen einen fließenden Übergang vom Koch- zu Ess- und Wohnbereich.

Foto: Michael Frank Fotodesign
Foto: Michael Frank Fotodesign

Die Küche von Bulthaup besticht durch ihre grifflosen weißen Fronten.  Fast alle Geräte sind hinter ihnen verborgen. Der im offenen Wohnraum nötige Dunstabzug ist in die  Funktionsinsel integriert, die auf der einen Seite Kochfeld und Spüle enthält und auf der anderen Seite als Theke ausgebildet ist. Foto: Michael Frank Fotodesign

Nach zwei Wintern im neuen Haus kann Thomas Bechtold auch ein erstes Resümee zum Energieverbrauch seines modernen Passivhauses ziehen: Es funktioniert! Und dank der Photovoltaikanlage auf dem Flachdach, fallen unterm Strich noch nicht mal Stromkosten an, denn die werden durch die Einspeisevergütung mehr als ausgeglichen.

 

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